Tja, gestern war unser erster Ausflug ins Blaederunner-Universum... hust ... ich meine natürlich Android-Universum. Ich gebe eher mal meine Eindrücke wieder und setze dabei voraus, dass jeder sich zumindest durchgelesen hat, was wir auf unserer Website geschrieben haben...
http://www.hds-fantasy.de/bsandroid.htm
Tja zuallererst hatten wir ja zum Glück jemanden gefunden, der sich das üppige Regelwerk vorgenommen hat. Wir waren uns jedoch sofort einig, dass bei einer deutschen Umsetzung ordentlich an der der Struktur dieser Regel geschraubt werden muss.
Das Spielmaterial mit seiner Fülle an Markern erschlägt uns sofort. Allein mit der Identifizierung der Spielkomponenten verbringen wir eine gefühlte Ewigkeit. Insgesamt sind wir jedoch auch irgendwie fasziniert von der Andersartigkeit der Grafik und dem absolut spacigen Design. Hierüber mag man diskutieren, mich hat es final begeistert. Der Haken ist die Übersicht. Allein auf dem Spielplan finden wir uns kaum zurecht. Zu Beginn werden dort Marker platziert, die wir nach der Platzierung quasi nicht wiederfinden. Kurze Schrecksekunden halten das Adrenalin hoch... was gut ist nach einem 10-Stunden Arbeitstag!
Beim Spielaufbau glänzt unser Erklärer damit, dass er von 60% der Komponenten den Sinn und Zweck erläutern kann, nach hartnäckigem Nachfragen der Mitspieler erreichen wir 90%. Die übrigen 10% an Markern legen wir pfeifend beiseite und warten darauf, dass sie sich selbst erklären. Wir wollen heute ja nur mal anspielen und sind uns einig, dass 90% dafür reichen...
Jeder Spieler darf sich einen Charakter auswählen. Hier kommen wir schon zu einem der echten Pluspunkte. Die Charaktere sind sehr glaubwürdig (für ein Sci-Fi-Spiel) und bestechen durch ihre hellen und dunklen Seiten. Sie haben eine spannende Background-Story und es gibt auch noch Spieltipps dazu, die einem erstmal nicht viel helfen, da man ja noch nicht weiß, was das Spiel hergibt. Trotzdem vergehen nur Sekunden bis die Identifizierung mit der eigenen tragischen Figur stattgefunden hat... auch über Geschlechtergrenzen hineg. Besorgt schaue ich mich um, ob meine Mitspieler die innere Verbundenheit zur Klonin Caprice Nisei bemerkt haben. Scheint nicht so...
Nun versuchen wir herauszufinden, was man so tun kann, als Charakter in einer düsteren, heruntergekommenen und leicht paranoiden Zukunft. Erstmal stellen wir fest, dass es ein Verbrechen gegeben hat, das ist nicht überraschend hier. Ein Tatort wird markiert, Verdächtige als größere Bögen neben das Spielfeld gelegt. Spuren werden auf dem Spielplan verteilt. Der Aufbau braucht eine Weile, Vergleiche zu Arkham Horror werden aufgebracht... Doch schnell ist klar, dies ist kein kooperatives Spiel, im Gegenteil.
Es gibt 3 Ebenen, auf denen man seine Aktionen als Charakter durchführen kann.
1. Einerseits kümmert man sich darum, den verdächtigen Spuren zuzuweisen. Dies funktionert indem man rumläuft (was mittels eines sehr pfiffigen Transportmittels , was wie ein Zirkel benutzt wird, geschieht), Spuren findet, die es einem Erlauben Hinweise zu ziehen und diese auf einen Verdächtigen seiner Wahl legt. Der erste Aha-Moment... wer ist denn eigentlich der Täter? Tatsächlich liegt dies in der Hand der Ermittler, dies zu bestimmen. Zu Beginn des Spiels erhält jeder Ermittler eine Karte mit einem Verdächtigen, den wir als unschuldig betrachten und eine Karte mit einem Verdächtigen, den wir als schuldig betrachten. Der Ermittler erhält also Siegpunkte, wenn die Hinweise auf allen Verdächtigen am Ende dies wiederspiegeln. Mein "Unschuldiger solte also unschuldig aussehen und mein "Schuldiger" am Ende am meisten verdächtig wirken. Das macht das Spiel sehr dynamisch, und man stellt schnell fest, in New Angelees (oder auf dem Mond) wird sich nichts geschenkt... Meist spielt man diese Hinweise verdeckt auf die Verdächtigen, jedoch bekommt mein Charakter gutes Karma (erkläre ich später), wenn ich offen ausspiele. In unserer Partie kommen schnell Emotionen auf, als unser Erklärer mit Entsetzen mitansehen muss, wie ich seinen "Unschuldigen" mit Hinweisen überschütte, die ihn verdächtig machen. Vorerst wahrt er jedoch das Gesicht.
2. Die zweite Ebene ist der eigene Charakter. Jeder Charakter verfügt über ein "helles" und ein "dunkles" Kartendeck. Das helle Deck spielt man selbst, die dunklen Karten können die anderen Spieler ziehen. Indem man die hellen Karten spielt, die einem Vorteile bringen, muss man jedoch deren Kosten bezahlen. Diese Kosten werden auf einer Skala auf dem Charakterbogen festgehalten, die von der eignen dunklen bis zur eigenen hellen Seite reicht. Spiele ich eine "helle" Karte muss ich sozusagen etwas Helles abgeben und wandere in Richtung der dunklen Seite. Spiele ich jedoch die dunkle Karte eines Mitspielers (zumeist als Reaktion auf seine Aktivitäten) zahle ich mit etwas Dunklem und wandere wieder ins Licht. Schnell wird uns daher klar, dass man um die guten Karten spielen zu können, ordentlich bei den anderen reinhauen muss. Auch wenn ich die Kosten des Kartenspielens durch Abwerfen verringern kann, würde man ansonsten nur auf der dunklen Seite hängen, was bedeutet, dass man keine "hellen" Karten mehr bezahlen kann. Und wieder stellen wir fest, wie sehr man mit den anderen interagieren muss. Ständig schaue ich nach, was unser gute abgehalfteter Detektiv da neben mir so an Karten spielt, um eventuell etwas antworten zu können. Und jetzt noch die Frage wofür das alles? Jeder Charakter hat zusätzlich ein so genanntes Plot-Deck. Hiervon ist immer eine Karte aktiv, die angibt, wie man positives und negatives ansamelt. Nach je 3 Spielrunden (Tagen) wird eine Plotkarte gewertet. Hat man mehr schlechtes Karma (bei jedem Char unterschiedlich) angesammelt, dann geht es negativ im eigenen Plot weiter und es kann zu Nachteilen kommen, überwiegen die positiven Marker auf der Karte, umgekehrt.
3. Die dritte Ebene ist die Veschwörung, die natürlich hinter all dem steckt. Immer, wenn man Spuren findet, kann man, statt einem Verdächtigen etwas zuzuschieben, auch ein Puzzletel der Verschwörung aufdecken. Diese Verschwörung ist ein verworrenes Puzzle (tatsächlich) auf einem knappen Viertel des Spielplans. Deckt man ein Teil auf, dann kann man es platzieren, so dass die darauf abgebildeten Bahnen zu einem "Block" führen, wie z.B den Medien oder den Fanatikern von Human First. Beim Aufdecken erhalte ich wenigstens noch einen kleinen Bonus, denn die Benefits dieser Aufdeckerei wirken erst viel später.
Jeder Charakter hat pro Tag 6 Zeiteinheiten zur Verfügung. Mit diesen muss er aus seinem Zug das beste rausholen und sich überlegen, auf welcher der 3 Spielebenen man sich besonders engagiert. Da die Charaktere so unterschiedlich sind, spielt hier auch jeder anders. Wir haben schnell festgestellt, dass die eigenen Dämonen pemanent auf einen warten, denn die Mitspieler nehmen jede Gelegeneheit wahr, um dunkle Karten gegen einen zu spielen, was einen ganz schön ins Schlingern bringt. Das wirft den eigenen Plan oft über den Haufen und man muss improvisieren. Das macht aber nichts, denn das reizt natürlich auch. Man hat auch nicht das Gefühl, dass man das Spiel nicht selbst kontrolliert, sondern man ist bemüht, sich vorsichtig zu entwickeln.
Bei der ersten Partie erschließt sich uns noch nicht sofort, was einem das alles bringt, wohin man denn geht und wozu was da ist. Doch schon am dritten Tag (Runde), als es zur Wertung der ersten Plotkarte kommt, häufen sich bei uns die Aha-Momente. Mittlerweile scheint sich auch der erst völlig unüberschaubare Spielplan zu entwirren. Ich sehe auf einmal, wohin ich gehen kann und was vielversprechend erscheint.
Fazit:
Zuerst waren wir erschrocken, ob der Unübersichtlichkeit und der Fülle. Doch schon beim ersten Anspielen hat sich auch der ganz besondere Reiz des Spieles offenbart. Die Mechanismen erscheinen mir sehr neu (natürlich hat es alles schon gegeben) und frisch. Der Weg des tragischen Charakters, der sich durch die Ereignisse zieht fasziniert. Stets ist man darauf bedacht, nicht zu sehr abzugleiten. Auch ist der Spelablauf dann doch überraschend einfach. 6 Aktionen pro Zug. Man kann Laufen, Spur aufnehmen, Karte spielen, Fähigkeit eines Ortes nuzen... viel mehr gibt es da nicht. Natürlich schon noch ein paar Specials, aber die erschließztman sich nach und nach. Und trotzdem habe ich viel abzuwägen. Das Charakterspiel funktioniert hier auf eine ganz andere Weise..
Die Interaktion ist hoch, muss sie auch!
Und der Rest ist euch überlassen... wir waren zu dritt und haben dann doch wegen später Stunde die Partie abgebrochen. Jedoch sind wir uns einig, dass wir bald eine richtige Partie angehen und wir sind uns auch sicher, dass jeder erstmal denselben Charakter spielen wird
